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Spätestens seit Beginn der 1920er Jahre zeichnete sich in Europa eine avantgardistische Bewegung in Kunst und Literatur ab, die durch die psychoanalytischen Forschungen von Sigmund Freud stark beeinflusst wurde: der Surrealismus. Will man herausfinden, worin die Eigenart dieser künstlerischliterarischen Bewegung besteht, so liegt es nahe, beim Namen anzusetzen.
Der Begriff geht auf den Dichter Guillaume Apollinaire zurück und bedeutet wörtlich „über den Realismus hinaus“ oder „jenseits des Realismus“. Die Vertreter dieser Strömung suchten die Erklärung der Wirklichkeit im Unbewussten und verwerteten Traum- und Rauschereignisse als Quelle der künstlerischen Eingebung.
Surrealistische Maler wie Salvador Dali, René Magritte oder Max Ernst gehören zu den bekanntesten Repräsentanten der bildenden Kunst dieses Jahrhunderts, doch auch die Fotografie sollte von dieser Bewegung nicht unberührt bleiben. Die Möglichkeit den dokumentarischen Rahmen zu verlassen bot Fotografen wie Man Ray oder André Kertész Gelegenheit die Objektivität in Frage zu stellen und dem Ausdruck zu verleihen, was ihren Gefühlen entsprach.
Als fotografische Mittel nutzten die Künstler ungewöhnliche Negativ-/ Positivverarbeitungen wie Verzerrungen, absichtlich erzeugte Körnigkeit, Spiegelungen oder Doppelbelichtungen. Durch die Abstraktion gelang es den Fotografen, den Schein der Dinge aufzuheben und ihnen eine neue Bedeutung zu verleihen.
Bis heute hat der Surrealismus eine nachhaltige Wirkung auf verschiedenste Werke zeitgenössischer Fotografen. Einer von ihnen ist der Japaner Hiro Matsuoka. In seinen Arbeiten löst er den dargestellten Menschen aus seinem ursprünglichen Kontext heraus und schafft durch sorgfältig komponierte Bildebenen surrealistische Effekte.
Auch Experimente in der Dunkelkammer mit mechanischen Mitteln, von denen Sabine Bürger Gebrauch macht, gehören zu der surrealistisch inspirierten Fotografie. Die Künstlerin erzeugt durch Manipulation und Abstraktion eine unbekannte neue visionäre Wirklichkeit und entführt uns mit Ihren Bildern in eine fiktive Zwischenwelt.
— Schwarzweiss 44, February 2005
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