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HIRO MATSUOKA



Reviews



Zur Einzelausstellung "Hiro Matsuoka"

Kristina Keil


Galerie Julian Sander widmet einen Monat lang einen Raum der Galerie dem japanischen Fotografen Hiro Matsuoka.

Matsuokas surrealistisch wirkende Fotografien richten ihren Fokus auf alltägliche Elemente und Menschen im urbanen Umfeld. Spiegelungen, Unschärfen oder der Blick aus einem fremden Winkel führen zu Verfremdung und stellenweise einer geheimnisvollen Anmutung. Dieser einzigartige Charakter spiegelt Matsuokas Stil wieder, der sich bereits zu Beginn der 90er Jahre, während seines Studiums der Literaturwissenschaften und seiner späteren Tätigkeit als Theaterfotograf, entwickelte.

Matsuokas Interesse gilt seither dem Visualisierungsprozess eines Schriftstückes durch die Auseinandersetzung und Interpretation dessen Kerns. Keineswegs sind seine fotografischen Arbeiten direkte Übersetzungen, bewirken jedoch Assoziationen zu Romanen und Theaterstücken, bleiben dabei eigenständig und sind weder gestellt noch digital bearbeitet. Seine zweite Werkreihe "The Undescribed Dance", aus der die meisten hier gezeigten Werke stammen, ist von zwei Zitaten aus "The Picture of Dorian Gray" von Oscar Wilde begleitet, welche Matsuokas literarische Assoziationen untermalen.

Nicht nur literarische Inhalte und Theaterstücke werden von Matsuoka in einer visuellen Form interpretiert, sondern auch sein urbanes Umfeld. Werbebanner, Bildschirme, Schaufenster und das allgemeine Treiben auf der Straße werden zu möglichen Geschichten, die durch Matsuokas Linse und dessen eigenen Vorstellungen neu erzählt werden. Er nähert sich mit seiner Kamera dem "Realen", doch seine Fotografien zeigen ihre ungreifbaren Aspekte.

Die Komposition der Bilder folgt keiner Regel. Oft rücken die Protagonisten an den Rand, dessen Gesichter sind unscharf oder verdeckt. Der Mittelpunkt der Bilder wird durch leeren Raum dominiert. Dadurch bekommt der Betrachter den Eindruck, dass der Künstler keine bestimmte Situation einfängt, sondern vielmehr erhält er Einblick in Matsuokas Gedanken und Sicht auf die Dinge.

Hier und da findet sich ein Hinweis auf das "Reale" – auf etwas Bekanntes – doch wird dieser durch Matsuokas individuellen Stil, gleich wieder zerstreut. Die Interpretation der Geschichten bleibt ganz bei dem, der sich mit den Bildern auseinandersetzt und stellt dessen Wahrnehmung auf die Probe.

Hiro Matsuoka, geboren 1968 in Japan, lebt und abreitet heute in Köln. Er fotografiert analog mit einer Mittelformat Kamera. Die Abzüge produziert er auf traditionelle Weise selbst in seinem Studio.



Galerie Julian Sander, Februar 2016






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